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Ich, mein Haar usw.

Naturkrauses Haar und mein Erbe

Nathalie Grand

Die Wiederentdeckung der wahren Natur meines naturkrausen Haares

Sie zerzaust ihr Haar mit einer Geste. Dieses wunderschöne Volumen ist «mein Material zum Formen», sagt sie und lächelt. Nathalie ist französischer und togolesischer Herkunft und trägt ihren frechen natürlichen Afroschnitt mit viel Anmut. Als Friseurin und Maskenbildnerin für die Audiovideo-, Werbe- und Eventbranche liebt sie ihre Pinsel ebenso wie ihre Schere und betrachtet Schönheit immer als Ganzes. Ihre winzigen Locken umspielen ihr Gesicht und strahlen eine ansteckende Energie aus. Sie, ihr feines Haar und ihre verschmitzten Augen fügen sich zu einem perfekten Gesamtbild zusammen. Aber das war nicht immer der Fall. Seit 12 Jahren glättet Nathalie ihr naturkrauses Haar nicht mehr und hat es seither besser verstehen gelernt. Und dabei hat sie auch sich selbst besser kennengelernt.

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Wie würden Sie Ihr Haar beschreiben?

Mein Haar ist ein bisschen verrückt, widerspenstig, würde ich sagen. Aber das liegt in seiner Natur, man muss es so akzeptieren. Es kann zwar gebändigt werden, aber nicht vollständig. Ich bin gemischter Herkunft, togolesisch-französisch. Mein Haar ist auch gemischt. An einer Stelle kann es sehr lockig sein, an einer anderen ist es vielleicht glatter, es kann sich in die eine oder in die andere Richtung kräuseln ... Mein Haar improvisiert, es überrascht mich gerne. Man muss es kennenlernen und in die richtige Richtung führen.

 Hatten Sie schon immer eine so positive Einstellung zu Ihrem Haar?

Nein, aber jetzt liebe ich es. Lange Zeit habe ich es gehasst. Nie sass es richtig, nie war es so, wie ich es wollte. Meine Mutter und meine Grossmutter haben mir beigebracht, es zu verstecken. Schon in jungen Jahren habe ich mein Haar geglättet. Ich habe es geflochten und hatte Extensions. Und dann habe ich mir immer öfter die Frage gestellt: Woher kommt diese Ablehnung, die sogar in der schwarzen Community weit verbreitet ist? Warum wird sie von Generation zu Generation weitergegeben? Also habe ich mich damit befasst und bin auf ein interessantes Buch der westindischen Soziologin Juliette Smeralda gestossen: «Peau noire, cheveu crépu: l'histoire d'une alienation» («Schwarze Haut, krauses Haar: die Geschichte einer Entfremdung»). Mir wurde klar, dass dies auf die Zeit der Sklaverei zurückgeht. Und es ist diese Beziehung zwischen dem Dominanten und dem Dominierten, die das Verhältnis der Schwarzen zu ihren Haaren für immer verändert hat. Bis heute wird diese Stigmatisierung weitergegeben, ohne dass man wirklich darauf achtet. Niemand, nicht einmal meine engsten Freunde, hatte zu der Zeit mein Haar so gesehen, wie es von Natur aus war. Und eines Tages habe ich es dann wirklich entdeckt.

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Niemand, nicht einmal meine engsten Freunde, hatte zu der Zeit mein Haar so gesehen, wie es von Natur aus war.
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Was geschah vor 12 Jahren?

Ein sehr lieber Freund, ein Friseur, der mit mir in der Maskenbildner-Schule war, sagte eines Tages zu mir: «Du würdest mit einem Kurzhaarschnitt besser aussehen, glaub ich .» Ich antwortete ihm: «Wir sind nicht in den 80ern, also nein danke, das ist nichts für mich.» Dann aber hat er mich schliesslich doch überzeugt. Zu dieser Zeit machte ich gerade eine Trennung durch. Ich war sehr unglücklich. Und wie meistens, wenn man ganz unten ist, sagt man zu sich selbst: Ich möchte alles ändern. Also habe ich ihm gesagt: Mach, was du willst. Und dann hat er alles abgeschnitten. Na ja, ich habe ein paar Tränen vergossen, aber ich war mir nicht sicher, ob wegen der Trennung, wegen dem neuen Haarschnitt oder wegen beidem. (Lacht). Ich fand den Schnitt nicht gut, aber ich habe die Frisur trotzdem so gelassen. Ich hatte das Gefühl, dass ich das durchstehen muss. Und mein Haar wuchs nach. Extrem lockig. Die Leute blieben auf der Strasse stehen und sagten: «Wow, die sieht ja aus wie Michael Jackson, es ist unglaublich!»  Aber ich dachte, na ja, so ist mein Haar eben!

Nathalies Pflegeroutine

Erstens kann ich mir nicht jeden Tag die Haare bürsten! Sonst habe ich am Ende ein riesiges krauses Chaos, und dann geht nichts mehr. Extrem lockiges Haar ist der feinste Haartyp. Das Haar bricht sehr leicht. Ich bürste mein Haar nur, nachdem ich eine Maske aufgetragen habe und es noch feucht ist. Die Shampoos und Masken der Karinga Linie von René Furterer haben eine sofortige Wirkung auf mein Haar. Ich benutze ausserdem einen Kamm mit sehr, sehr breiten Zinken.

Nach der Haarwäsche trage ich meine Maske auf mein Haar auf.

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Nach der Haarwäsche trage ich meine Maske auf mein Haar auf.

Ich lasse sie zehn Minuten einwirken, spüle sie aus, wickle ein Handtuch darum und schminke mich dann in aller Ruhe.

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Ich lasse sie zehn Minuten einwirken, spüle sie aus, wickle ein Handtuch darum und schminke mich dann in aller Ruhe.

Ich trockne mein Haar gründlich.

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Ich trockne mein Haar gründlich.

Ich trage meine Karinga-Pflege auf mein Haar auf und beginne dann mit dem Styling!

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Ich trage meine Karinga-Pflege auf mein Haar auf und beginne dann mit dem Styling!

Und wenn ich meine Frisur verändern will, kämme ich mein Haar mit einem grobzinkigen Kamm zurück und fixiere es mit ein paar Spangen. Einfach und effektiv!

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Und wenn ich meine Frisur verändern will, kämme ich mein Haar mit einem grobzinkigen Kamm zurück und fixiere es mit ein paar Spangen. Einfach und effektiv!

Wie haben Sie gelernt, es zu zähmen?

Bevor ich mich mit meinem Haar anfreunden konnte, musste ich es erst kennenlernen. Und das ist ein generelles Problem: Wir haben nie gelernt, unser eigenes Haar zu verstehen, weil wir es naturbelassen überhaupt noch nicht erlebt haben. Ich erkannte schnell, dass es sich um ein aussergewöhnliches «Material» handelt, mit dem man sehr kreativ arbeiten kann. Mein Haar hat eine ganz eigene Beschaffenheit. Es ist kräftig und zerbrechlich zugleich. Es gibt einfach Dinge, die man tun muss.

Spielen Sie mit verschiedenen Frisuren?

Ja, ich style es mit zwei oder drei Haarspangen zu einer Art Irokesen-Look; das geht sehr schnell. Und ich stecke mein Haar sehr gerne hoch. Ich mache gerne kleine Knoten am ganzen Kopf. Ich wusste das nicht, aber es ist offenbar eine typische Frisur in Afrika, insbesondere in meinem Land, Togo. Und ich flechte mir immer noch gerne die Haare. Aber nur, um meine Frisuren zu verändern, nicht um mein natürliches Haar zu verstecken! 

Was wollen Sie heute als Friseurin vermitteln?

Die Liebe zu dieser Art von Haar. Aber es geht mir noch um mehr: sich selbst zu lieben, sich selbst und seine Herkunft zu akzeptieren. Mit Afro-Haar zu arbeiten, ist eine wahre Freude. Es gibt viele Friseure, die sich nicht so richtig rantrauen, ich dagegen habe grosse Freude daran. Denn man kann viel damit machen, man kann es nach Belieben gestalten. Er hält sich selbst, man braucht es nicht zu kräuseln, um es in Form zu bringen; das Volumen ist bereits vorhanden.

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Mit Afro-Haar zu arbeiten, ist eine wahre Freude.
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